Kunst im öffentlichen Raum Wien
Als weltoffene Kulturmetropole hat sich Wien im Bereich
der Bildenden Kunst besonders stark positioniert. In
diesem Feld kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu
einer entscheidenden Akzentverschiebung. Traditionellerweise
als Theater- oder Musikstadt bekannt, entwickelte die
Stadt durch zahlreiche Initiativen ein zeitgemäßes
Selbstverständnis als Drehscheibe für wechselnde
international beachtete Ausstellungssorte zeitgenössischer
Kunst, Ausstellungsformate und Plattform aktueller Kunstdiskussionen. Die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Ausdrucksformen
der zeitgenössischen Kunst, die kulturelle Belebung
des urbanen Raumes und die Attraktivität Wiens werden
aber nicht allein durch den institutionellen bzw. privaten
Ausstellungsbetrieb unterstützt, sondern auch durch
kulturpolitisch initiierte künstlerische Maßnahmen
und Interventionen im öffentlichen Raum der Stadt.
Kunstprojekte im öffentlichen Raum sind heute wesentliche
Faktoren der aktuellen Kunst und ihrer Rezeption. Diese
wenden sich mitunter unerwartet an ein Zufallspublikum
des städtischen Alltags das von der Dynamik im urbanen
Raum bestimmt wird. Während künstlerische Projekte
oft als Antworten und Spiegelungen von stadträumlichen
und sozialen Situationen oder als Interventionen im urbanen
Zusammenhang konzipiert sind und Kommunikationsprozesse
anregen, erhalten Passanten und Anwohner wiederum die Gelegenheit
zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst
abseits von Museen, Kunsthallen oder Galerien.
Deshalb wurden im Jahre 2003 die Bedingungen für die
Gründung eines Fonds für Kunst im öffentlichen
Raum ausgearbeitet. In konzertierter Aktion wurde von den
amtsführenden Stadträten Dr. Andreas Mailath-Pokorny
(Kultur und Wissenschaft), Werner Faymann (Wohnen, Wohnbau
und Stadterneuerung) sowie Dipl.Ing. Rudolf Schicker (Stadtentwicklung
und Verkehr) eine Plattform zur Diskussion und Realisierung
von "Kunst im öffentlichen Raum" geschaffen.
Dieses neugebildete Gremium in Wien versteht sich als
offene Plattform. Ziel ist, die Potentiale und auch Limitierungen
von Kunst in der Öffentlichkeit kontinuierlich zu
befragen. Was kann unter "Kunst im öffentlichen
Raum" verstanden werden und welche Öffentlichkeit(en)
stellt sie her?
Ausgestattet mit einem konstanten Mindestbudget können
vom Fonds Diskurse initiiert und Kunstprojekte im Stadtraum
generiert werden. Zum einen wurden in Wien zahlreiche "Kunst
am Bau" - Projekte - die historisch betrachtet zu
den kulturellen Stärken der Stadt Wien zählen
- realisiert. Zum anderen ist der urbane Raum als ein gesellschaftlicher
Zusammenhang am Beginn des 21. Jahrhunderts verstärkt
als Feld des sozialen und kulturellen Austausches zu sehen.
Ein wesentliches Charakteristikum gegenwärtiger Kunstproduktion
ist die Kontext- und Ortsbezogenheit von Projekten, die
mitunter von einem ganz speziellen geografischen Gebiet
oder einem bestimmten Lebensraum in der Stadt ausgehen.
Grundsätzlich wird der urbane Raum als gesellschaftlicher
Zusammenhang verstanden.
Darüber hinaus geht das neue Gremium für Kunst
im öffentlichen Raum in Wien von einem relationalen
Kunstbegriff aus. Vor dem Hintergrund eines sehr diversifizierten
und durch unterschiedliche Methoden und Bezugssysteme geprägten
Kunstbetriebs ist es notwendig, pluralistisch zu denken
und die Vielfalt künstlerischer Richtungen zu berücksichtigen.
Die Kunst der Gegenwart verfolgt sehr unterschiedliche
Strategien, die entweder an Diskussionen um den erweiterten
Begriff der Skulptur anknüpfen, sich als zeitlich
begrenzte Interventionen verstehen oder überhaupt
neue und situationsspezifische, partizipatorische oder
auch spielerische Verfahren wählen. Vorausgesetzt
wird, dass sich Kunstprojekte vor dem Hintergrund dieses
pluralen Kunstbegriffs an einer kritischen Praxis orientieren,
da Kunstprojekte im öffentlichen Raum auch als Orientierungsmarken
für aktuelle Standards gelten müssen.
Entsprechend den Gegebenheiten eines aus unterschiedlichen
inhaltlichen Netzwerken bestehenden Kunstbetriebes beabsichtigt
das Gremium für Kunst im öffentlichen Raum Künstler/innen,
Gruppen oder Kurator/innen als Dialogpartner/innen einzuladen.
Geplant sind Kooperationen mit Zeitschriften, audiovisuellen
Medien und der Aufbau einer Website (Erweiterung zu wien.at).
Da gerade in der Anfangsphase eine nachhaltige Wirkung
der Projekte angestrebt wird und mitunter sehr komplexe
administrative Aufgaben zu bewältigen sind, ergibt
sich die Notwendigkeit, Schwerpunkte nach inhaltlichen
und topografischen Gegebenheiten zu setzen. Deshalb beabsichtigt
die Jury, einerseits über konkret eingereichte Projektvorschläge
hinausgehend initiativ tätig zu sein, andererseits
konkrete Aufgabenstellungen zu definieren und inhaltliche
Vorgaben zu Ausschreibungen für unterschiedliche Projekte
zu formulieren. Auf der Basis von geladenen oder offenen
Wettbewerben sollen spezielle Fragestellungen definiert
werden, die sich auf architektonische Zusammenhänge
und soziale Umstände, aber auch auf formale Koordinaten
beziehen. |