Mit seinem Konzept für Der Rosa Platz reflektiert Hans Kupelwieser
auf überzeugende und zeitgemäße Weise Gedenken
und Erinnern an die Verbrechen des Nationalsozialismus. In
Form eines großflächigen Beckens mit einer Wasseroberfläche
von 20 x 20 Metern schafft er ein urbanes Zeichen,
das deutlich sichtbar macht ohne jedoch dominant zu sein.
Auf Grund seiner Maße fordert es sowohl Aufmerksamkeit
wie auch städtebauliche Großzügigkeit ein.
Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein programmatisches
Kunstwerk wie ein Mahnmal mit jener Genauigkeit
wahrgenommen wird, die seiner Absicht und dem
Aussagewunsch entsprechen, ist die Qualität der Präsenz
von großer Bedeutung.
Der Rosa Platz erscheint selbstbewusst präsent und bleibt
wegen seiner Horizontalität trotzdem angemessen in Relation
zu Zeichensetzungen für andere Opfergruppen.
Kupelwieser berücksichtigt somit, dass im Gebiet des
Morzinplatzes bereits an mehreren Stellen auf den Terror
des Nationalsozialismus hingewiesen wird. Zugleich führt
er eine kritische Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung
Mahnmal, da sich sein Konzept von traditionellen
Lösungen wie der Skulptur oder dem Denkmal im Stadtraum
radikal entfernt. Mit der Wasseroberfläche gelangt ein
Medium zum Einsatz, das stets in Bewegung ist und durch
die Tönung auch symbolische Tiefe vermittelt. Es wird ein
Platz geschaffen, der den Charakter eines Orts zum Nachdenken
hat, eines Orts der Ruhe und des Innehaltens, der
besonders durch seine Farbgebung ausdrücklich an die
bisher oft totgeschwiegene Opfergruppe der Schwulen,
Lesben und Transgender-Personen erinnert.
|
|
Die Konzentration auf die Farbe Rosa, die den Schwulen
auch schon vor dem Nationalsozialismus in diskriminierender
Absicht zugeschrieben wurde, fokussiert einerseits
die konkrete Vernichtungspraxis im KZ-System, verweist
aber auch auf einen größeren Zeitbogen. Denn später
wurde Rosa von der Homosexuellenbewegung als Zeichen
der Befreiung und der Sichtbarmachung gleichgeschlechtlichen
Begehrens bewusst eingesetzt. Der Begriff
QUE(E)R in großformatigen Lettern geschrieben ist doppelt
lesbar und steht sowohl als Sammelbezeichnung für alle
Abweichungen von heterosexueller Normativität im Sinne
von fremdartig, komisch oder schräg wie auch für einen
Blick quer durch die Geschichte, da Homosexuelle auch
in den ersten Jahrzehnten der 2. Republik unterdrückt und
verfolgt wurden und das so genannte Totalverbot erst im
Jahr 1971 aufgehoben wurde. Damit bildet das Werk einen
spannenden Bogen von der Verfolgung Homosexueller
im NS-Regime bis hin zur schwul-lesbischen Emanzipationsbewegung,
von der opferreichen Vergangenheit in eine
emanzipierte Gegenwart und Zukunft.
Der Künstler, der bereits mehrmals das Thema Mahnmal
bearbeitet hat, ist sich der Schwierigkeit der Aufgabenstellung
bewusst, sich dem größten Zivilisationsbruch im 20.
Jahrhundert anzunähern und führt seine Auseinandersetzung
aus der Perspektive der Gegenwart. In die Debatte
um die eingereichten Projekte für ein Mahnmal wurde auch
die Sicht verschiedener VertreterInnen der Communities
einbezogen. Von vielen wurde Kupelwiesers Konzept sehr
positiv beurteilt.
Der in das durch eine elegante und dünne Wasseroberfläche
gekennzeichnete Becken eingeschriebene Schriftzug
wie auch der von Hans Kupelwieser entwickelte Ort des
Gedenkens insgesamt stehen somit für die Möglichkeit
eines offenen Umgangs mit Homosexualität und sind ein
sichtbares Zeichen gegen deren Verdrängung in der Gesellschaft.
Im Zugangsbereich zum historischen Zentrum
Wiens, der sehr stark touristisch frequentiert ist, wird ein
deutliches ästhetisches Statement für die Offenheit einer
mitteleuropäischen Metropole formuliert. |