Ken Lum, Pi

Permanente Medieninstallation

Ort: Westpassage Karlsplatz / Friedrichstraße, 1010 Wien

Realisierungszeitraum: Jänner 2005 bis November 2006
Eröffnung: 1. Dezember 2006

 
 

Pi-Werkdetails

Ken Lum, Pi, Medieninstallation, 2005–2006
7 Mirastar Halbspiegelelement im Format 1.500/2.490 bis 2.800 mm
7 Mirastar Halbspiegelelement im Format 1.500/2.000 bis 2.400 mm
15 LED-Paneele mit 7- bis 15-stelliger roter Anzeige und einer Ziffernhöhe von 75 mm
1 LED-Paneel mit 10-stelliger roter Anzeige und einer Ziffernhöhe von 150 mm
Geätzte Texte und Ziffern
1 verglaste Raumvitrine im Ausmaß von 3,2 x 1,3 m
(Bücher, Broschüren, Ausdrucke 1880–2006)
 

Die Zahl Pi (π)

Die Zahl Pi, die dem Projekt den Namen gibt, bezieht sich auf den Kreis und steht symbolisch für die Welt und ihre sich unendlich verändernde Erscheinung. Definiert ist Pi durch das Verhältnis eines Kreisumfanges zu seinem Durchmesser. Die sich daraus ergebende Zahl wird mit dem griechischen Buchstaben π (Pi) angeschrieben, denn sie kann nicht als Verhältnis zweier ganzer Zahlen, also als Bruch, dargestellt werden. Pi ist eine irrationale und transzendente Zahl mit unendlich vielen Dezimalstellen, die kein wiederholendes Muster zeigen. Weil sie nicht abzählbar ist, ist Pi von höherer mathematischer Unendlichkeit als die Unendlichkeit rationaler Zahlen und steht allegorisch für die ganze Welt. So wie die abzählbaren die nichtabzählbaren Zahlen wie Pi enthalten, enthält die Welt den unendlichen dichten Raum des Symbolischen. Obwohl die Zahl Pi für die Kreis- und Kugelberechnung zentral ist, dringt sie über die Gaußsche Normalverteilung auch in die Statistik ein. In der Physik spielt Pi neben der Kreisbewegung vor allem bei Wellen eine Rolle, da sie dort über die Sinus- und Kosinusfunktionen in die Berechnungen eingeht. In der Quantenmechanik enthält die Formel der Heisenbergschen Unschärferelation die Kreiszahl.
Die Zahl Pi, das übergreifende Element der Installation, ist auf eine mehrteilige Glaswand als fixierte Zahlenfolge mit 478 Stellen nach dem Komma geätzt. Auf einer LED-Anzeige erscheinen die von einem Computerprogramm jeweils aktuell errechneten letzten zehn Kommastellen.

14 Factoids

Factoid 1: Unterernährte Kinder weltweit
Unterernährung steht in einem komplexen Wirkungszusammenhang wie etwa von Ressourcen und Gesundheitsvorsorge. Sie wird hier durch die Zahl der untergewichtigen Kinder weltweit beschrieben. Diese Zahl sinkt leicht, dennoch sind immer noch mehr als 120 Millionen Kinder weltweit unterernährt.

Factoid 2: Verliebte in Wien heute
Der kanadische Soziologe John Alan Lee beschreibt sechs Liebesstile, von denen einer mit dem Alltagsverständnis von Verliebtheit die größte Übereinstimmung aufweist. Unter anderem wurde dieser Liebesstil („Eros“) im Marburger Einstellungsinventar getestet. Die Ergebnisse konnten für die Prognose der Zahl der Verliebten auf die Wiener Bevölkerung umgelegt werden.

Factoid 3: Kriegstote weltweit seit 1. Jänner
Die Zahl der Kriegstoten wird rückblickend vom Friedensforschungsinstitut der Universität von Uppsala errechnet. Auf Basis der Werte der vergangenen fünf Jahre wurde eine Prognose für die kommenden Jahre erstellt.

Factoid 4: Entlohnte Arbeitsstunden in Österreich seit 1. Jänner
Mehr als 5.5 Milliarden Arbeitsstunden werden in Österreich jährlich entlohnt. Dabei handelt es sich um geleistete Arbeitsstunden von unselbstständig Erwerbstätigen in ihrer Ersttätigkeit.

Factoid 5: HIV-Infektionen weltweit seit 1. Jänner
Die Zahl jener Personen, die sich jährlich mit HIV infizieren, steigt. Im Jahr 2006 geht UNAIDS von 4,3 Millionen Neuinfizierten aus.

Factoid 6: Angefallene Müllmenge in Wien seit 1. Jänner (in Tonnen)
Die Prognose der angefallenen Müllmenge beruht auf den Daten der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22), die unter www.wien.gv.at/umweltschutz öffentlich zugänglich sind.

Factoid 7: Mit ihrem Job Unzufriedene in Österreich
Der Arbeitsklima-Index misst vierteljährlich die Arbeitszufriedenheit der österreichischen ArbeitsnehmerInnen. Er bildet die Basis für diese Berechnungen.

Factoid 8: Weltbevölkerung
Pro Sekunde wächst die Weltbevölkerung statistisch gesehen um 2,566 Menschen. Die für die Prognose notwendigen Daten stellte die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung zur Verfügung, sie basieren auf Analysen des Population Reference Bureau (USA).

Factoid 9: Wachstum der Sahara seit 1. Jänner (in Hektar)
Aus wissenschaftlichen Angaben zu Desertifikationsprozessen wurde das Ausmaß der Landdegradierung rund um die Sahara errechnet. Es dient hier zur Beschreibung des Wachstums der Sahara.

Factoid 10: Entlehnte Bücher in Wien seit 1. Jänner
In Wien werden jährlich mehr als 8 Millionen Bücher in öffentlichen Bibliotheken und Universitätsbibliotheken entlehnt. Für die Darstellung wurden die Öffnungszeiten der Bibliotheken berücksichtigt.

Factoid 11: Landminenopfer seit 1. Jänner
Der „Landmine Monitor“, der von der internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen herausgegeben wird, berichtet seit 2003 von über 15.000 bis 20.000 Landminenopfer jährlich.

Factoid 12: Verzehrte Schnitzel in Wien seit 1. Jänner
Die AMA hat in Österreich wohnhafte Personen zum Schnitzelverzehr befragt. Um eine realistische Zahl zu erhalten, müssen die von Touristen verspeisten Schnitzel zu den Ergebnissen hinzu gerechnet werden.

Factoid 13: Zeitraum bis zur Wiederbewohnbarkeit Tschernobyls (in Tagen)
Als Maßstab für die Wiederbewohnbarkeit Tschernobyls wurde die Halbwertszeit des alpha-radioaktiven Elements Americium-241 angenommen, sie beträgt etwa 432 Jahre und 73 Tage.

Factoid 14: Rüstungsausgaben weltweit seit 1. Jänner (in Euro)
Basierend auf Angaben des Stockholm International Peace Research Institutes (SIPRI) konnten die Rüstungsausgaben für die kommenden Jahre prognostiziert werden.

Raumvitrine

Bücher / Broschüren / Ausdrucke von 1888 bis 2006
Die Gestaltung der Vitrine zitiert eine Arbeitssituation an einem Bibliothekstisch. Bücher stehen im Block oder liegen gestapelt, sind teilweise aufgeschlagen oder mit Markierungen versehen und geschlossen. Archimedes’ Lehre, auf die die Zahl Pi zurückgeht, taucht hier ebenso in Buchform auf wie ein Hinweis auf das historische Dilemma der „Quadratur des Kreises“. Aktuelle Standardwerke zur Berechnung statistischer und demographischer Werte führen zum übergeordneten Inhalt der Vitrine. Im Mittelpunkt der simulierten wissenschaftlichen Zahlen- und Datenrecherche steht das Thema der Migration. Ein Abriss an Publikationen von Statistikinstituten, internationalen inter- und nongovernmental Organisationen sowie unabhängiger Forschungseinrichtungen schlagen eine Leserichtung von Studien und Bevölkerungserhebungen für Wien und Österreich nach Europa und weiter in die ganze Welt vor. Leihgaben des Referates für Analyse und Statistik der Stadt Wien führen eine Zeitschiene aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart. Der „International Migration Outlook Annual Report 2006“ der OECD und „World Migration 2005. Costs and Benefits of International Migration“ der IOM zählen zu den wichtigsten internationalen Reports, die präsentiert werden.


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