Heinz Gappmayr
Raumtexte / Hauptbücherei Wien

Permanente Installation Alumininium Flach- und Körperbuchstaben

Ort: Hauptbücherei am Gürtel, Urban-Loritz-Platz 2a, 1070 Wien
Aussenfassade / Eingangshalle U-6 / Eingangshalle Hauptbücherei

Realisierungszeitraum: April 2005 – Mai 2006

Eröffnung: 19. Juni, 19.00 Uhr
 
 

        Fotos: Manfred Seidl

Der heute 81-järige Heinz Gappmayr gilt als einer der wichtigsten Vertreter der visuellen Poesie. In seinem Werk spielt die Sichtbarkeit von Schrift eine besondere Rolle, und diese Sichtbarkeit ist eine Qualität, die nur Gegenständen zu eigen ist, die eine räumliche Ausdehnung haben. Seit 1975 entwickelt der Künstler seine „Raumtexte“, also Texte, die sich in spezieller Weise mit dem Raum und der Lesbarkeit darin auseinandersetzen.

„Alle diese Raumtexte sind unterschiedliche Aspekte der Beziehungen zu dem kostbaren Inhalt der Bibliothek und der kühnen und subtilen Architektur.“ (H. Gappmayr) Das an der östlichen und westlichen Außenseite der Hauptbücherei angebrachte Wort ECHO ist um den Buchstaben O gespiegelt und so in seiner regulären Schriftlichkeit verändert. Dieser graphische Eingriff und die Größe der Buchstaben lässt an die besondere Erkennbarkeit von Werbung denken, die aus einer räumlichen Distanz gelesen oder vielmehr wahrgenommen werden will. Hinter dieser Wand muss man den Schriftzeichen physisch schon viel näher kommen, um sie lesen zu können, da sie in übereinander gelegten Seiten verborgen sind. Die Aufschrift verweist in fast paradoxer Weise auf das Innen des Gebäudes, indem es das Trennende der Wand überwindet und so durchlässig für Mehrdeutigkeit wird.

 

An der Stirnseite zur Eingangshalle sind drei Schriftzeilen aus dem fragmentierten Wort „zeit“ zu sehen. Obwohl kein Buchstabe vollständig ist, erlaubt es die Wiederholung des Wortes und die Regelhaftigkeit der Schriftzeichen, die fehlenden Teile eines jeden Zeichens zu ergänzen. Diese Entzifferungsarbeit erinnert an den überraschenden Anfang des Lesens, wo sich Linien in Schriftzeichen verwandeln. Das sich Gedachtes und Sichtbares im Zeichen der Schrift verbinden ist für Gappmayr nur unter der Bedingung des Lesens möglich. Und das Lesen als Vorgang macht die aller Sichtbarkeit der Erscheinung zugrunde liegende Kategorie der Zeit erfahrbar.   

In der Bewegung vom Lesen zum Verstehen kann man auf den zehn Meter hohen Wänden links und rechts im Eingangsfoyer der Bücherei jeweils drei Sternennamen erkennen. Von diesen Namen ist der eine oder andere bekannt, bei den meisten regiert die Vermutung, dass es sich um alte griechische und arabische Bezeichnungen für Sterne handelt. „Aber eben dieser Moment des Befremdlichen und der zeitlichen Distanz zur Entstehungszeit dieser Bezeichnungen ist hier thematisiert – und zugleich der Reiz des Kontrasts zwischen Sprache und Gestirn.“ (H. Gappmayr)

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Bildergalerie

Laudatio von Silvia Eiblmayr

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