Für die markante Installation
Delete wurden im Juni 2005 für zwei Wochen alle Aufschriften,
Piktogramme, Firmennamen und Logos in einem Teil der Neubaugasse,
eine Geschäftsstrasse des 7. Bezirks, mit gelben Folien überklebt
und die Werbung in seiner Zeichenhaftigkeit annulliert. Anstelle
der sonst in Permanenz präsenten Aufschriften und Logos
trat das architektonische Gefüge der Schriftträger
und Schichten der urbanen Kommunikation und Medialität
viel deutlicher hervor. Weil von der Streichung der Aufschriften
die Verkehrsleitsysteme ausgespart blieben, wurde besonders
deutlich, wie sich diese Elemente im Raum der Zeichen von anderen
Zeichensystemen abheben.
Durch die monochrome Verhüllung der Zeichenträger
trat der skulpturale Aspekt in ungewohnter Weise hervor, denn
das Volumen der geometrischen Körper konnte durch die
Abwesenheit der Schrift erst in seiner Fülle wahrgenommen
werden. Die einheitliche und glatte Körperlichkeit erzeugte
den Eindruck von architektonischen Auswüchsen der bestehenden
Gebäude, weil die Schriftträger, von ihrer Funktion
entlastet, wieder zum Formenbestand der Architektur zurückkehrten.
Dass die Verhüllung, das Durchstreichen ihre eigene
Art von Aufmerksamkeit erzeugt, zeigen die weit reichenden
Reaktionen
in den internationalen Medien.
Einen derartig starken Eingriff in das Stadtbild als künstlerische
temporäre Intervention war angesichts der starken kommerziellen
Interessen an der Beschriftung des öffentlichen Raums
für unmöglich gehalten worden.
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So konnte sich auch
der Verdacht einstellen, dass diese Installation die Vorbereitung
einer noch größeren Aktion des Stadtmarketings
sei, wo mit einer Annullierung der Schrift die Aufmerksamkeit
für eine Neubeschriftung gewonnen werden soll. So wäre
das Aussetzen der ökonomisch-informationellen Zeichenpräsentation
wieder in den Bereich eines ökonomisch motivierten Gewinns
an Aufmerksamkeit zurückgeführt. Das die Auslöschung
der Zeichen selbst ein Zeichen mit gesteigerter Aufmerksamkeit
schafft, hat auch der Wiener Kunstsoziologe Ernst Strouhal
in Bezug auf Delete angemerkt, wo er die paradoxe Wirkung
der ikonoklastischen Strategie in der Kunst beobachtet.
Man könnte hier auch von glypho-klastischer Strategie
sprechen, denn das Projekt bedient sich der Löschung
von Schriftzeichen gegen die Überfülle der Schriftlichkeit
im ökonomischen Bereich der urbanen Öffentlichkeit.
Das Projekt Delete stellt damit „die Frage nach der
sozialen Kontrollmacht der urbanen Signaturen in einem radikalen
Sinn“(Siegfried Mattl), wenn es auch die Kontrolle über
die Zeichen gar nicht endgültig gewinnen wollte und
im Konsens mit den Beteiligten durchgeführt wurde. In
dieser Perspektive schaffen temporäre Interventionen
wie Delete einen gemeinsamen kulturellen Erfahrungsraum zwischen
den lokalen Wirtschaftsstrukturen und der Bevölkerung,
der jenseits der „inszenierten Urbanität“ der
Shopping Malls stattfindet.
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