Politische Plakate mit kritischen Inhalten auf Werbeflächen im öffentlichen Raum haben das Potenzial zur Irritation. Form und Präsentation wecken zunächst die Erwartung einer auf Wohlbefinden und Lifestyle gerichteten Visualisierung. Schnell stellt sich heraus, das der Blick auf eine im ersten Augenblick vielleicht schwer zu entschlüsselnde kritische Botschaft gelenkt wurde. Das Ziel war das Herstellen von erhöhter Aufmerksam mithilfe des Durchbrechens eingefahrener Wahrnehmungsmuster. Die von der Aktivistin Daniela Koweindl und dem Künstler Martin Krenn konzipierte temporäre Plakatinstallation „Arbeiten gegen Rassismen“ machte sich diesen Effekt zunutze. An Litfasssäulen, City-Light-Vitrinen und Plakatwänden in Haltestellenbereichen entlang der Wiener Straßenbahnlinie D waren im Juli 2005 vierzehn verschiedene Plakatsujets von fünf KünsterInnen bzw. –gruppen zu sehen. Geplant war auch die Werbeflächen auf und in den Straßenbahnzügen mit einzubeziehen, dieses Vorhaben erwies sich aber im Zuge der Verhandlungen mit den Wiener Verkehrsbetrieben als nicht realisierbar.
Thematisiert wurden Wirkungsweisen von ganz alltäglichen und gegenwärtigen Rassismen und der Widerstandsformen dagegen. „Arbeiten gegen Rassismen“ fungierte als sichtbare Plattform, auf der Netzwerke gegen Rassismus und Antisemitismus zusammen laufen und sich Öffentlichkeit verschaffen. Die Schwarze Frauen Community machte in einer gemeinsam mit Klub Zwei (Simone Bader und Jo Schmeiser) konzipierten Plakatserie mit antirassisitischen Forderungen auf die politische, ökonomische und gesellschaftliche Position von schwarzen Frauen in Österreich aufmerksam.
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Auch Petja Dimitrova thematisierte die Situation von Migrantinnen in Österreich, deren Partizipation in der österreichischen Gesellschaft im Wesentlichen auf Gastronomie und Folklore beschränkt ist. Anna Kowalska ging einen Schritt weiter und analysierte Weiß-Sein als eine Art ideologische Klubmitgliedschaft, die durch Abgrenzung von dem „Anderen“ konstituiert wird, aber jederzeit hinterfragt und zurückgelegt werden kann. Ljubomir Brati? und Richard Ferkl nahmen im ersten Teil ihrer 20-teiligen Plakatserie „Kolari?“ auf die mit diesem Namen verbundene Geschichte von Rassismus und Antirassismus seit den 70ern Bezug und thematisieren mit der Frage nach den Großeltern zugleich die Zeit des Nationalsozialismus. Klub Zwei (Simone Bader und Jo Schmeiser) zeigten eine Plakatarbeit zum Antisemitimus in Wien zur Zeit des Dritten Reiches. Martin Krenns Arbeit "Denkmal der ,Arisierung'" behandelt die Verdrängung und Verschleierung von unliebsamer Geschichte und das Phänomen der Verschleppung der Restitution gestohlener Güter im postnationalsozialistischen Österreich am Beispiel des Riesenrads.
Das Ziel des Projekts „arbeiten gegen rassismen“ war, der Normalität des alltäglichen Rassismus an einem bevorzugten Ort entgegenzutreten, wie Luisa Ziaja im gleichnamigen Katalogheft schreibt, das man noch unter mail@arbeitengegenrassismen.net bestellen kann.
Text: Andrea Winkelbauer
www.arbeitengegenrassismen.net
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